Thomas Kistemann: Beitrag

Thomas Kistemann schlägt vor, dass Stadtgrün und Stadtblau gemeinsam als urbane „therapeutische Landschaften“ gelesen werden sollen. Dieser Begriff wurde vor etwa 30 Jahren geprägt; dem Konzept liegt die Hypothese zugrunde, dass Landschaften eine Bedeutung für die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Im urbanen, von Gebäuden und versiegelten Flächen dominierten Raum können grüne und blaue Bereiche als therapeutische Inseln, als therapeutische Trittsteine, in einer ansonsten eher belastenden Lebensumwelt, verstanden werden.

Zu den Ähnlichkeiten von Stadtblau und Stadtgrün gehören gesundheitsrelevante Aspekte wie Naturerfahrung durch Freiraum, räumliche Weite und biologische Vielfalt. Dann die erwähnten Ökosystemleistungen, etwa die Bindung von Schadstoffen, Kühlung, Maskierung von Lärm sowie die Möglichkeit der körperlichen Aktivität (vgl. Walkability).

Unterschiede zwischen Stadtblau und Stadtgrün hinsichtlich der Intensität gesundheitsrelevanter Wirkungen konnten empirisch nachgewiesen werden. Zur Operationalisierung dieser salutogenen Wirkungen führten Thomas Kistemann und sein Team vier verschiedene Aneignungsdimensionen ein, nämlich sinnliche, symbolische, soziale und physische Erfahrung des Raums. Typische Aktivitäten dieser Aneignungsdimensionen wären bspw. kontemplative Erfahrung des Raums, emotionale Bindung, soziale Partizipation und körperliche Aktivität. Sie konnten zeigen, dass all diese Aktivitäten in stadtblau-geprägten Freiräumen intensiver sind als in stadtgrün-geprägten.

Aus ökologischen u.a. Gründen hat die Präsenz von Stadtblau in den letzten Jahrzehnten in unseren Städten erheblich zugenommen. In den planungspolitischen Diskursen der Städte, der Investoren und der Entwickler zu Stadtblau spielen die Themen Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung bisher praktisch keine Rolle – obwohl die Wissenschaft starke Argumente für die blaue Stadtentwicklung liefert.

Beitrag Kistemann (Videosequenz, 27 sec)