Gabriele Bolte: Schlaglicht

Gabriele Bolte sieht in der Umwelt- und Sozialepidemiologie bisher noch die klassischen Risikofaktoren-Ansätze dominieren, welche versuchen, unabhängige Effekte im Hinblick auf bestimmte Gesundheitszielgrößen zu quantifizieren. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, darüber hinauszugehen und integrierte Betrachtungsweisen zu stärken, wie es auch in mehreren Beiträgen bereits anklang.

Für die von M. Augustin erwähnte Quantifizierung der Beiträge einzelner Risikofaktoren zur gesamten Krankheitslast ist wichtig zu berücksichtigen, wieviel Information (und in welcher Datenqualität) vorliegt. Aus diesem Grunde kann die Rolle persönlichen Verhaltens im Vergleich zu Faktoren der sozialen und physischen Umwelt leicht überschätzt werden.

Als drei Hauptpunkte im Hinblick auf aktuelle Herausforderungen sieht Gabriele Bolte: Komplexität, Dynamik und Kontextabhängigkeit.

(1) Epidemiologische Ansätze müssten viel weiter gehen als bisher, um das Zusammenspiel der Einflussfaktoren von der Mikro- bis zur Makroebene samt Effektmodifikationen zu untersuchen und zu verstehen.

(2) Ferner gilt es, die Dynamik komplexer Zusammenhänge über die Zeit zu analysieren, einschließlich räumlich-zeitlicher Muster. Dazu gehören bspw. Aufenthaltsorte, Aufenthaltsdauern und Lebenslaufperspektive.

(3) Gerade das Zusammenbringen von Umwelt- und Sozialepidemiologie belegt die Bedeutung von Kontext, sei es als Nachbarschaft oder auch politische Strukturen.

Diesen drei Aspekten sind gegenwärtig neun große EU-Forschungsprojekte unter der Überschrift „Exposom“ gewidmet. Das Konzept „Exposom“ gibt es unter dieser Begrifflichkeit seit 15 Jahren. Die Projekte versuchen, mit innovativen Methoden wie z.B. Machine-Learning unterschiedlichste Aspekte (samt sozialer Ungleichheit) systematisch zu integrieren in patho- und salutogenetischer Hinsicht.

Schlaglicht Bolte (Videosequenz, 25 sec)